Das Industriemuseum Sensenhammer – gestern, heute und morgen

Interview mit Museumsleiter Jürgen Bandsom im Frühling 2020

WFG: Das Industriemuseum Sensenhammer – was oder wer steckt dahinter?
Jürgen Bandsom: Das Industriemuseum ist aus einer alten Sensenfabrik entstanden und ein Förderverein ist Träger des Museums. Dieser Verein ist das Herz des Museums, die Mitglieder halten durch ihre ehrenamtliche Arbeit das Museum am Laufen. Wesentliche Dinge und finanzielle Belange werden im Vorstand entschieden.
Der Verein verleiht übrigens in unregelmäßigen Abständen, je nach Anlass, einen Ehrenamtspreis an verdiente ehrenamtliche Mitarbeitende und würdigt ihr Engagement. Denn ohne diese Menschen würde hier keine kulturelle Arbeit möglich sein. Gestiftet wurde der Preis von dem Ehepaar Arentz. Der Bildhauer Kurt Arentz hat ihn gestaltet: Die Figur stellt einen Schmied dar.

Du lachst sehr viel.
Ja, das stimmt. (Jürgen Bandsom lacht)

Hast du dich gefreut, als dir die Museumsleitung angetragen wurde?
Die Leitung wird nicht einfach besetzt. Man muss sich bewerben und die Entscheidung fiel auf mich. Ja, da habe ich mich auf der einen Seite gefreut. Auf der anderen Seite hatte ich großen Respekt, weil ich das Museum auch so gut kenne.

Wie entwickelte sich deine Beziehung zum Museum?
Ich stamme aus Schlebusch, genau gesagt aus der Waldsiedlung. Als ich nach dem Studium wieder hierher zog, wollte ich mich gesellschaftlich einbringen. Von Hause aus bin ich Diplom-Restaurator und sah hier den Bezug. Zwar liegt mein Fokus auf Kunst- und Kulturgut aus Holz. Doch im weitesten Sinne geht es hier im Museum wie bei der Restaurierung immer um den Erhalt. 1997 trat ich dem Verein bei und habe seither im Museum eigentlich fast jede Aufgabe schon einmal übernommen – ehrenamtlich. Dann kam eine berufliche Phase, die mir keine Zeit für den Sensenhammer ließ. Und als ich jetzt hörte, dass die Stelle der Museumsleitung neu besetzt werden soll, bewarb ich mich.

Die Stelle war ein Jahr nicht besetzt, oder?
Ja. Renate Steudel, die Schatzmeisterin des Fördervereins, hat die Leitung kommissarisch übernommen und wir zwei bilden jetzt ein prima Team. Mit ihrer Erfahrung klappt das sehr gut.

Wem gehört das Industriemuseum eigentlich?
Den Mitgliedern des Fördervereins! Natürlich gab es zum Start Förderungen. Besonders der Landschaftsverband Rheinland (LVR) und die NRW-Stiftung haben hier sehr geholfen. Die Initiatoren, zum Beispiel der Künstler und Architekt Eberhard Foest, der hier nebenan in seinem Atelier arbeitet, haben viel zum Erhalt beigetragen.
Zwar wurde bis 1987 hier produziert. Das scheint noch nicht so lange her. Aber wenn so eine Ära zu Ende geht, muss auch bald etwas passieren für den Erhalt eines Industriedenkmals. In Opladen beispielsweise gab es früher die bedeutende Schraubenfabrik Tillmanns. Dieses Industriedenkmal ist verschwunden.

Wir leben im digitalen Zeitalter und hier geht es um Manufakturarbeit. Macht dieser Sprung das Museum noch wertvoller?
Da will ich eher von einer Ergänzung sprechen. Wir sehen Arbeitswelten, wie sie früher waren. Hier kommt die Frage auf: Wie sind wir dahin gekommen, wo wir jetzt stehen? Die Fabrik hilft, das zu verstehen.
Der Sensenhammer bildet den Schnittpunkt von dem Handwerk zur Industrie. Die Leute haben handwerklich gearbeitet aber schon in Serie gefertigt. Und: Das war ein hartes Leben. Die Idylle vom Schmied, der am Feuer steht und das Eisen bearbeitet, wird hier berichtigt.

Und heute sind wir ja wieder einen Schritt weiter. Im Probierwerk in Opladen steht der 3D-Drucker. Anlässlich der „Nacht der Technik“ habe ich dort eine Führung erlebt. Und da wurde mir klar: Heute kann man selbst etwas herstellen, ohne das Handwerk zu beherrschen. Der Schritt wird übersprungen. Das Probierwerk macht deutlich, welche Wertigkeit das Handwerkliche früher hatte. Mit dieser Einrichtung möchten wir uns sehr gerne vernetzen.

Wie siehst du deine Aufgabe?
Ich bin ein Teamplayer. Meine Aufgabe ist es, gemeinsam mit den Ehrenamtlern zum Erhalt und zur Entwicklung des Museums und der Sensenfabrik beizutragen. Dabei will ich auch neue Wege gehen, dies aber sensibel und entsprechend unserer Möglichkeiten. Wichtig ist mir dabei ein respektvoller Umgang miteinander.

Du kannst abgeben?
Ja, klar. Wir haben viele engagierte und kompetente Ehrenamtler. Gemeinsam definieren wir die jeweiligen Aufgaben und stimmen sie aufeinander ab. Sonst ist die Arbeit hier nicht zu bewältigen. Schön wäre es, wenn ich dazu beitragen kann, dass ehrenamtlich Mitarbeitende hier das Gefühl von Heimat haben.

Braucht ihr noch Unterstützung?
Auf jeden Fall und in allen Bereichen! Vordringlich suchen wir Menschen, die das Schmieden lernen wollen. Im Jahr 2019 verstarb Siegfried Seiler. Er war Sensenschmied und kannte hier alles. Jetzt treten wir in eine neue Phase ein, ohne Ehemalige, die noch in der Fabrik gearbeitet haben. Neben Schmieden brauchen wir Menschen, die Führungen machen oder einen grünen Daumen haben und sich um das Außengelände kümmern. Auch die Museumspädagogik mit Anne-Katrin Harscher freut sich über Unterstützung. Im Sensenhammer kann jede und jeder ein Gebiet finden.

Herzlich willkommen sind auch Geschichten! Wer selber eine Erinnerung an den Sensenhammer hat oder davon hörte: Einfach Kontakt aufnehmen. Bei einer Tasse Kaffee sammeln wir die Erzählungen gerne.

Kinder finden es hier sicher toll!
Unbedingt. Das zeigt unser Kursangebot „Die kleinen Sensenschmiede“. Grundschulkinder der dritten und vierten Klasse erleben hier kostenfreie Vorführungen. Die Eindrücke vertiefen sie anschließend fast spielerisch mit dem Konstruktionsbaukasten Fischertechnik. Mädchen und Jungen kommen in Kontakt mit Mechanik. Der Lions Club Rhenania Leverkusen macht das durch seine Unterstützung möglich.

Auch hier sind wir Heimat. Später besuchen diese jungen Menschen den Familientag und die Ausstellungen. Und vielleicht kommen sie dann mit ihren eigenen Kindern hierher.

Der Sensenhammer ist mehr als eine attraktive Location?
Ja, in diese Richtung soll es weiter gehen. Natürlich werden wir die Räume nach wie vor für Feiern vermieten und auch eigene Konzerte veranstalten. Aber wir wollen ebenfalls kreative Formate entwickeln, die einen engen Bezug zur Thematik Industriekultur, Technik und Heimat haben.

Wir wünschen weiterhin viel Erfolg und Freude!
Danke sehr.

Interview mit Museumsleiter Jürgen Bandsom

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